Abschluss des Verbundvorhabens »WaVe«

Nach drei Jahren Laufzeit endete das Vorhaben »WaVe« erfolgreich mit zwei aufgebauten Wasserstoff-Demonstratoren am 30.06.2024.

Zum Abschluss versammelte sich das Konsortium beim letzten Konsortialtreffen am 20. Juni 2024 beim Institut für Oberflächen- und Schichttechnik (IFOS GmbH) in Kaiserslautern.

Prototypen im praktischen Einsatz: UNIMOG transportiert Demonstratoren
© Daimler Truck AG

Gastgeber: Das Institut für Oberflächen- und Schichttechnik

Prof. Dr. habil. Johannes L’huillier stellte den Teilnehmenden das Institut für Oberflächen- und Schichttechnik GmbH (IFOS) und dessen Forschungsaktivitäten vor. Das ehemalige Institut für Oberflächen- und Schichtanalytik fusionierte zum 01.01.2024 mit dem ehemaligen Photonik-Zentrum Kaiserslautern e. V. unter der neuen gemeinnützigen GmbH: Institut für Oberflächen- und Schichttechnik GmbH. Das Institut steht allen Interessenten aus Forschung und Wirtschaft als Analysedienstleister zur Seite und unterstützt bei unternehmensspezifischen Problemen aus der Material-, Produkt- und Prozess-Entwicklung. Darüber hinaus ergänzt das IFOS sein Angebot mit individueller Fehler- und Schadensanalytik und einer problemorientierten Beratung zur Qualitätssicherung. Das Institut entwickelt unter anderem Lösungsansätze für Kontaminationen, Beläge und Verfärbungen, analysiert Mängel in thermoplastischen Kunststoffen und bestimmt chemische Elemente auf Oberflächen. Dabei nimmt die Bearbeitung der Proben nach Eingang beim IFOS in der Regel lediglich 10 Tage in Anspruch. Ergänzend zur Institutionsvorstellung erhielten die Teilnehmenden im Rahmen einer Führung durch die Labore einen Einblick in den Alltag der Forschungseinrichtung.

Ergebnisse der Optimierung von Luftpfad und Abgasnachbehandlung

Martin Weber (IAV GmbH Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr) präsentierte die Ergebnisse der Optimierung von Luftpfad und Abgasnachbehandlung des Medium-Duty Wasserstoffmotors.  Um das Potenzial der Low-Pressure-DI-Wasserstoffverbrennung abschätzen zu können, wurde ein 1D-Motormodell in einer Softwareumgebung aufgebaut und anhand von Vollmotor-Messdaten validiert. Zunächst wurden dafür die beiden Einspritzsysteme (LP-DI und PFI) bei konstantem Luft-Kraftstoff-Verhältnis, identischer Hardware und gleicher Drehmomentanforderung verglichen. Hierbei wurde ein erhöhter Wirkungsgrad beim PFI-Modell festgestellt. Im Anschluss erfolgte ein Vergleich mit optimierten Turboladergrößen, bei dem der Schwerpunkt auf dem maximal möglichen Drehmoment lag und NOx-Emissionen von 1 g/kWh angestrebt wurden. Während beide Einspritzsysteme geringe NOx-Emissionen erzielen konnten, überzeugte das DI-Konzept insbesondere bei niedrigen Drehzahlen. Die Untersuchung des möglichen SCR-Umsatzes für H2-Motoren bestätigte die Möglichkeit mittels bewährter Technologien wie SCR die Emissionen auf Zero-Impact-Level reduzieren zu können.

Gegen Ende des Vorhabens führte die IAV in Kooperation mit der Daimler Truck AG PEMS-Messungen am physischen UNIMOG-Demonstrator mit H2-PFI-Motor durch. Ziel der Messungen war es, einen Vergleich zwischen einem Diesel-Referenzfahrzeug und dem WaVe-UNIMOG-Prototypen zu schaffen. Dabei sollten beide Fahrzeuge sowohl in einem OnRoad-Zyklus als auch in einem Mähzyklus vermessen werden. In der 1. Messkampagne kam es aufgrund des geringen Bauraums und den dadurch verursachten Interaktionen mit dem für die Stromversorgung des Wasserstoffanalysators benötigten Generators zu Fehlmessungen. Die Messungen wurden nach Optimierung des Messaufbaus und des WaVe-Fahrzeuges in einer zweiten Messkampagne wiederholt.

Zusätzlich zu NOx- und THC- wurden in der ersten Messkampagne am WaVe-UNIMOG H2-Emissionen überwacht. Fehlmessungen bei der Beschleunigung oder starken Bewegungen verdeutlichten die fehlende Eignung der verwendeten H2-Messtechnik im mobilen Einsatz. Dies verdeutlichte weiterhin die Notwendigkeit der Markteinführung eines mobilen H2-Analysators. Dennoch zeigte sich im Rahmen der möglichen Messungen, dass der Verbrennungsmotor im auszuwertenden Bereich nahezu keinen unverbrannten Wasserstoff emittiert. Da kein Kohlenstoff an der Verbrennung im H2-UNIMOG involviert ist, emittiert der Wasserstoffmotor prinzipiell keinen Kohlenstoff. Allerdings wurde bei der PEMS-Messung im Abgas auch das sich in der Ansaugluft befindliche CO2 gemessen. Nach Korrektur des Messergebnisses mit der CO2-Konzentration der Umgebungsluft zeigte der WaVe-UNIMOG Werte, die deutlich unter den Grenzwerten der Verordnung EU 2019/1242 liegen.

Optimierung der Wasserstoff-Einblasung

Im Vortrag der Robert Bosch GmbH präsentierten Kristina Vetter und Tobias Gawlica das Wasserstoff-Portfolio und die erzielten Ergebnisse zum Einfluss der Injektoreinbaulage. Die Robert Bosch GmbH bietet ihren Kunden Serienprodukte im Wasserstoffbereich für die Nutzfahrzeug- und Off-Road-Branche an. Das Produktportfolio umfasst Komponenten für das Einblas- und Zündsystem, Steuergeräte, Sensoren als auch Komponenten für die Wasserstoffspeicherung. Der Wasserstoffmotor ergänzt die batterie- und brennstoffzellenelektrischen Lösungen der Robert Bosch GmbH um eine weitere mögliche Zero-Emission-Antriebstechnologie des Nutzfahrzeugsegments.

Die Teilnehmenden erhielten anschließend einen detaillierten Einblick in die Herausforderungen beim Einbau von Wasserstoff-Einblasventilen in das Saugrohr. Anhand von Messreihen zeigte Tobias Gawlica auf, dass eine Einblasung möglichst nahe am Einlassventil die besten Resultate hinsichtlich der Sensitivität für Verbrennungsanomalien wie Rückzündungen und Vorentflammungen aber auch Verbrennungsstabilität erzielt. Auch lassen sich auf diese Weise die besten Volllast-Werte erreichen.

Mit dem Einfluss der Injektoreinbaulage befasste sich auch das Team des Lehrstuhls für Antriebe in der Fahrzeugtechnik (LAF) an der RPTU. Zur Gewährleistung eines sicheren Motorbetriebs wurden am Prüfstand des Lehrstuhls Betriebsparameter schrittweise optimiert. Während im Drehzahlbereich bis 1400 min-1 ein robuster Motorbetrieb frei von Verbrennungsanomalien erreicht werden konnte, beschränkten in Betriebspunkten mit höherer Drehzahl vermehrt auftretende Klopfereignisse das maximal darstellbare Motordrehmoment. Die Anomalien konnten auf eine Ungleichverteilung des Wasserstoffs (z. T. bedingt durch die Saugrohrgeometrie) und daraus resultierende unterschiedliche

Gemischzusammensetzungen in den einzelnen Motorzylindern zurückgeführt werden. Der Einfluss spiegelte sich auch in deutlichen Unterschieden der jeweiligen Zylinderdruckverläufe wider. Um dieser Problematik entgegenzuwirken, wurde die Wasserstoffeinbringung durch die Entwicklung einer speziellen S-förmigen Einblaseführung („Gas Guiding Pipe“) optimiert. Diese Anpassung verhindert unerwünschte Wasserstoffansammlungen im Saugrohr, verbessert die Vermischung von Wasserstoff und Luft im Zylinder und verringert den negativen Einfluss der Ansaugvorgänge auf die Gleichverteilung des Wasserstoffs. Als Resultat der optimierten Einblaseführung konnte betriebspunktabhängig und im Vergleich zur ursprünglichen Auslegung eine Reduktion der Stickstoffoxidemissionen von z. T. mehr als 50 % nachgewiesen werden.

Motorkomponentenanalyse der IFOS GmbH

Niklas Berger und Swen Ehnert der IFOS GmbH präsentierten beim Konsortialtreffen die abschließenden Ergebnisse der Motorkomponentenanalyse. Im Rahmen des dritten Projektmoduls wurde u. a. eine quantitative Wasserstoffanalytik mittels SNMS (Sekundär-Neutralteilchen-Massenspektrometrie) entwickelt, um Aussagen über eine mögliche H2-Versprödung und deren negativen Einfluss auf Materialeigenschaften treffen zu können. Im Projektmodul wurden Lochkappen der IAV GmbH nach deren Wasserstoffeinsatz auf Defekte und Wasserstoffbelastung untersucht. Die Proben wiesen weder einen signifikanten Unterschied im Wasserstoff-Eisen-Verhältnis, noch auffällige Defekte auf. Auch Ventilteller der FEV Europe GmbH wurden einer chemischen Analyse und Defektanalyse unterzogen. Dabei konnten keine auffälligen Defekte, jedoch Anreicherungen verschiedener Fremdelemente identifiziert werden. Der Vergleich mit einem H2-Kolben vom Prüfstand bestätigte erste Theorien über einen Transport von Schmierstoffen- und Additivelementen in den Brennraum des H2-Motors. Auch bei der Analyse von Zündkerzen, die am Prüfstand verwendet wurden, konnten Auffälligkeiten identifiziert werden. Korrosionen, die zu Zündaussetzern und Problemen mit Funkenüberschlag geführt haben könnten, werden deshalb in abschließenden chemischen und morphologischen Analysen genauer untersucht.

Arbeitsmaschine „MULY“

Im letzten Vortrag des Verbundvorhabens wurde seitens Armin Mörtlbauer (Mörtlbauer Baumaschinenvertriebs GmbH) die Umsetzung der wasserstoffbetriebenen Arbeitsmaschine „MULY“ und die regulatorischen Herausforderungen bei der Beschaffung und Inbetriebnahme einer mobilen Wasserstofftankstelle vorgestellt. MULY dient als multifunktionaler Geräteträger in schwerem Gelände. Das modulare Konzept ermöglicht den individuellen Transport von Langholz, Schüttgut, Containern oder einer Mischtrommel (z. B. bei Betonarbeiten). Im Rahmen des Vorhabens wurde die Maschine mit einer Mulde zum Transport von Schüttgütern ausgestattet. Die Leistung zum Antrieb der hydraulischen Arbeitsfunktionen wird durch den zuvor im UNIMOG-Demonstrator verbauten Wasserstoffmotor zur Verfügung gestellt. Die Anordnung der Antriebskomponenten hinter der Kabine ermöglicht leicht-zugängliche Wartungsarbeiten. Zur Ermöglichung eines Wechseltanksystems wurde der H2-Tank separat der anderen Antriebskomponenten am Heck der Maschine verbaut. Für den mechanischen Schutz wurde der Tank in ein dafür entwickeltes Gehäuse integriert. Beim Wasserstofftank (Volumen: 14,5 kg) handelt es sich um einen Prototyp, der für den Einsatz in mobilen Arbeitsmaschinen entwickelt wurde. Für die eigens für das Vorhaben erworbene mobile H2-Tankstelle mussten zahlreiche bürokratische Hürden sowie Sicherheitsvorkehrungen inkl. eines abgesperrten Bereichs umgesetzt werden. Während der Fahrversuche mit mittleren bis hohen Geschwindigkeiten wurde eine Reichweite von ca. 1,5-2 Betriebsstunden erreicht. Das vollständige Auftanken der Maschine mit der verwendeten mobilen Wasserstofftankstelle beansprucht etwa 20-30 Minuten. Bei schwer zugänglichen Baustellen, die nur mit leichten, geländegängigen Fahrzeugen erreicht werden können, erscheint daher die Verwendung von Wechseltanksystemen die wirtschaftlichste Lösung zu sein.

Ausblick

Im Anschluss an das Konsortialtreffen trafen sich beide Prototypen auf dem Werksgelände der Mörtlbauer Baumaschinenvertriebs GmbH in Fürstenzell, um noch einmal ihre Funktionsfähigkeit im Fahr- und Antriebsbetrieb unter Beweis zu stellen. Bei der abschließenden Veranstaltung transportierte der UNIMOG den Raupen-Demonstrator auf dem Tieflader, MULY präsentierte das Fahren auf eigener Kette und Vertreter der Mörtlbauer Baumaschinenvertriebs GmbH demonstrierten das Wasserstofftanken an der betriebseigenen mobilen Tankstelle.

Franziska Cusumano, Head of Mercedes-Benz Special Trucks:

„Die Veranstaltung mit und bei unserem Partner Mörtlbauer hat einmal mehr gezeigt, dass beide Fahrzeuge nach der nur dreijährigen Projektlaufzeit auf einem Entwicklungsstand sind, mit dem wir mehr als zufrieden sein können. Nach zahlreichen Testeinsätzen, Abgasmessungen und technischen Feinjustierungen sind wir überzeugt, dass die Wasserstoff-Verbrennung für Arbeitsmaschinen mit hohem Leistungsbedarf zum Fahren und für den Antrieb der Nebenabtriebe sinnvoll, praktikabel und sehr emissionsarm ist.“

Nach Abschluss des Vorhabens erhielt der im Verbundvorhaben entwickelte WaVe-UNIMOG-Demonstrator bei der IAA-Transportation 2024 den ETM-Award des BEST OF NEW TRANSPORTATION – Concept Truck.

Das Verbundvorhaben »WaVe« hat den Nachweis erbracht, dass Wasserstoffmotore im Medium-Duty-Bereich technologisch, ökonomisch, ökologisch sinnvoll und möglich sind. Jedoch sind bis zum kostengünstigen und gleichzeitig leistungsfähigen Zero-Emissions-Fahrzeug weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten notwendig.